Nierst
Geschrieben von Ludwig Petry
letzte Bearbeitung: 26.01.2015
Von welcher Seite auch immer man sich der „Rheingemeinde" Nierst nähert, die katholische Kirche St. Cyriakus prägt das Bild dieses Ortsteils und der Landschaft. Durch die Gestaltung des Vorplatzes und des ihr gegenüber liegenden Platzes vor der Alten Schule wurde die Kirche zugleich das Wahrzeichen der „Neuen Mitte" und der Blickfang für das ortsteilbezogene Brauchtum. Über das kirchliche Leben informieren die Internetseiten der Evangelischen Kirchengemeinde Lank und der Kath. Pfarrei Hildegundis von Meer. Über das religiöse Brauchtum informiert auch der Bürgerverein Nierst.
Brunnenfigur des Pajas (Possenreiser) von Michael Franke
St. Cyriakus
Letzte Überarbeitung: 18.10.2017
Die aktuellsten Informationen zur Pfarrei "Hildegundis von Meer", zu der die Kirchen und Gemeinden St. Stephanus in Lank, St. Nikolaus in Osterath, St. Franziskus in Strümp, St. Pankratius in Ossum-Bösinghoven, St. Martin in Langst-Kierst und St. Cyriakus in Nierst gehören, finden Sie hier.
Die einschiffige neuromanische Kirche St. Cyriakus in Nierst wurde nach den Plänen des Düsseldorfer Architekten Wilhelm Süldenfuß 1894/95 von dem Stratumer Maurerbetrieb Adam Reiners gebaut. Sie hat zwei Kirchenpatrone, die beiden frühchristlichen Märtyrer und Heiligen Cyriakus (†303) und Laurentius († 258). Daran wird durch die Kirchenfenster im Chor sowie durch zwei Bestandteile des ehemaligen Schnitzaltars erinnert. Der Nebenpatron Laurentius verweist auf die Kirche des Klosters Meer. Dem Hauptpatron Cyriakus und Namensgeber der Kirche ist eine weitere Figur gewidmet.
(rechtes Foto: Innenansicht aus der Broschüre: 100 Jahre St. Cyriakus)
Es ist anzunehmen, dass Mönche von Suitbertuswerth (heute Kaiserswerth) um 700 eine Kapelle gegründet haben und zwar auf dem Gelände des späteren Seisthofes. Dies ist auch die Kernzelle des 1166 erstmals urkundlich erwähnten Dorfes „Niederseist" (>"Nierst"). An diesen früheren Standort erinnert heute noch eine vom Heimatkreis Lank e.V. aufgestellte Schrifttafel. Die neue Kirche am heutigen Standort wurde 1895 eingeweiht.
Die Kirche wurde 1973 als typische Dorfkirche unter Denkmalschutz gestellt, 1975 „von Grund auf renoviert, wobei das Mauerwerk aus Feldbrandsteinen nach Entfernung von Putz und Mörtel als schönstes Innendekor voll zur Geltung kam und dem Bau ein echtes rustikales Aussehen verleiht, ohne die sakrale Atmosphäre zu stören. 1980 wurden die Seitenfenster nach Entwürfen von Rolf Lippold erneuert." „1991 wurde eine neue Orgel angeschafft" (aus: 100 Jahre St. Cyriakus).
Für die erforderlichen Malerarbeiten stand u.a. der in Lank geborene Heinz Gockel zur Verfügung, der 1961 erste Erfahrungen als Kirchenmaler bei der Restaurierung der Kassettendecke der Lanker Kirche St. Stephanus gesammelt hatte. Zu den Handwerkstechniken gehörte "das Untermischen von Eigelb und Heringsbrühe unter die Farben, um den gewünschten Hochglanz- oder Mattglanzeffekt zu erzielen". Die umfangreichen Renovierungsarbeiten in St. Cyriakus im Jahr 1975 umfassten "Arbeiten an Gewölben, Bänken, baulichen und sakralen Inneneinrichtungen wie Altar- und Gabentisch, Konsolen, Wandbildern, Holzfiguren bis hin zum Tabernakel. Die Tabernakeltüren, der Aufsatz und das darauf stehende Kreuz sind mit echtem Plattgold verziert." (Johannes Toups in "Nierst Aktuell, Herbst 2014", S. 10-13)
In der Kirche hängt die wohl älteste Glocke von Meerbusch von ca. 1300 (Vortrag von Theo Haefs und Franz Jürgens 18.10.2017). Am oberen Rand der Glocke sind die Namen der vier Evangelisten zu lesen. Bis zum Bau der neuromanischen Kirche läutete die Glocke in der ehemaligen Kapelle vom Seisthof. 1960 musste sie repariert werden Seit Ende 2011 dürfen die Glocken von St. Cyriakus nicht mehr stündlich die Zeit schlagen, weil einige Anwohner den Klang als störend empfinden. Das bedauern insbesondere die "alten Nierster".
Zu der künstlerischen Innenausstattung zählen Arbeiten von Michael Franke (Ambo "Fischfang"), von Eleonore Fretzen (Kruzifix und Figur des Kirchenpatrons St. Cyriakus) sowie neben den Fenstern der Zelebrationsaltar, das Tabernakel, zwei Engelfiguren und Säulen (aus der früheren Kapelle?): www.kirche-im-bistum-aachen.de
Link: zur Pfarrei "Hildegundis von Meer" und ihren Kirchen und Gemeinden
Link: zu den Glasfenstern
Link: zur Denkmalgalerie
Link: zur Rheinischen Post vom 18.10.2017
Literatur:
Emsbach, Karl/Tauch, Max: Kirchen, Klöster und Kapellen im Kreis Neuss, Köln 1986, S.146-147
Festkomitee 800-Jahr-Feier Nierst 1985: Nierst ein Dorf am Niederrhein., 1985
Pfarrgemeinderat der Vikarie St. Cyriakus (Hrsg.): 100 Jahre St. Cyriakus Nierst, 1995
Kunst & Kultur in St. Cyriakus
(aktualisiert: 18.2.2021)
Kunst in und an der Kirche
Die Kirche verfügt über künstlerisch gestaltete Fenster sowie weitere zahlreiche Kunstwerke.
Auf die frühchristlichen Märtyrer Cyriakus und Laurentius, die beiden Kirchenpatrone, von denen jedoch nur der Hl. Cyriakus zum Namensträger der Kirche wurde, verweisen die beiden Fenster links und rechts von der „Königin Maria" im Chor. Es handelt sich um drei Werkstattentwürfe aus dem Jahr 1914. Die übrigen modernen Fenster aus dem Jahr 1980 wurden nach Entwürfen von Rudolf Lippold gefertigt und thematisieren die Schöpfung und die Kreuzigung, die Elemente Feuer, Wasser und Luft, christliche Friedenssymbole sowie Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.
Von dem Strümper Künstler Michael Franke stammt der Ambo (Fischfang). Von der Nierster Künstlerin (Töpferin und Malerin) Eleonore Fretzen stammen u.a. das Kruzifix und die Figur St. Cyriakus innerhalb der Kirche sowie eine Reliefplatte außen rechts neben dem Eingang. Die Nierster Künstlerin schuf auch einen Kreuzweg für St. Peter in Uerdingen. Die dort aber wieder abgehängten getöpferten Platten liegen jetzt unter dem Aufgang zur Orgel in St. Cyriakus und warten dort auf ihre weitere Bestimmung.
Ein Mosaikkreuzweg aus Süddeutschland zierte ursprünglich das Innere der Kirche, als deren Wände noch verputzt waren. Drei der Stationen sind heute außen an der Wand des rechten Anbaus zu sehen. Weitere Reste dieses Kreuzwegs sind vorhanden, müssen aber noch restauriert werden.
Links neben der Kirche steht ein Kriegerdenkmal aus dem Jahr 1936 von Bernhard Lohf. Es handelt sich um einen Findling vom Ilvericher Rheinufer mit einem Schwert aus Bronze und der Zeitangabe 1914 – 1918 sowie den Namen der Toten des Ersten Weltkrieges. Auf die beiden Bodenplatten vor dem Findling sind die Namen der Toten des Zweiten Weltkriegs eingraviert.
2018 kümmert sich der Nierster Bürgerverein um die Restaurierung des Denkmals.
2021 erhält das Denkmal eine dritte Bodenplatte (in der Mitte) zur Erinnerung an die Vermissten im Zweiten Weltkrieg.
Eine über 100 Jahre alte Tradition hat in Nierst der Karneval. Der Karneval (lat. carne vale = Fleisch lebe wohl) leitet die vorösterliche Fastenzeit ein und hat gerade im Rheinland eine besondere Bedeutung und Beziehung zur katholischen Kirche („Rheinischer Katholizismus"). Die Nierster Narren haben bereits 1902 eine Gesellschaft gegründet. Im zweiten Weltkrieg ruhte das Vereinsleben, 1948 lebte es wieder auf. Besonders stolz sind die Nierster Narren im Karnevalsverein "Kött on Kleen" auf ihre Narrenkappen, die Sitzungen und den Rosenmontagszug. Eine der Hauptfiguren des Nierster Karnevals, der Pajas (von Bajazz = Possenreißer) des Meerbuscher Künstlers Michael Franke, der als Brunnenfigur aus Bronze vom gegenüberliegenden Platz vor der Alten Schule auf die Kirche schaut und der Geistlichkeit schmunzelnd die Leviten zu lesen scheint, ist ein Zeugnis der besonderenlokalen Karnevalstradition und ein Gestaltungselement der „Neuen Mitte" des Ortes. Der Pajas geht dem Rosenmontagszug mit seinen prächtigen Wagen voraus und sammelt an den Haustüren Bratwürste. Den Brunnenstein hat der Lanker Steinmetz Roland Stockmann gearbeitet. Auf den Rosenmontagszug und auf die um die Kirche herum "neugestaltete Dorfmitte"sind die Nierster Bürger besonders stolz.
Die Gemeindereform vom 1.1.2010, wonach die Gemeinden St. Cyriakus, St. Franziskus in Strümp, St. Martin in Langst-Kierst, St. Stephanus in Lank-Latum, St. Nikolaus in Osterath sowie St. Pankratius in Ossum-Bösinghoven zur Pfarrei "Selige Hildegundis von Meer" (Pfarrkirche ist St. Stephanus in Lank-Latum) zusammengeführt wurden, hat zwar die „Kirche im Dorf" gelassen, aber Gemeindeaktivitäten verlagert. Über eventuelle Auswirkungen auf das „religiöse Brauchtum vor Ort" wird diskutiert. Die farbenfrohe Fronleichnamsprozession der neuen Gesamtgemeinde fand 2010 in Strümp statt. Auf dem Werthhof in Nierst wurde am Sonntag nach Fronleichnam dafür eine „Wortgottesfeier" abgehalten mit anschließendem Erfahrungsaustausch.
Link: zur Kath. Pfarrei "Hildegundis von Meer" und ihren Kirchen und Gemeinden
Link: zu den Glasfenstern
Literatur:
Haefs, Theo: Kultus- und Kunstgegenstände in den Kirchen und Kapellen der Pfarrei Hildegundis von Meer Meerbusch, hrsg. vom Heimatkreis Lank e.V., Band 20 der Schriftenreihe "Im Rheinbogen", Meerbusch 2016, S. 89 - 103
Klütsch, Margot: Meerbuscher Kunstwege. Kunstwerke und Denkmäler im Stadtbild. Düsseldorf 2010, S. 128 (Kriegerdenkmal) und 129 ( Pajasbrunnen).
...so sehen Künstlerinnen und Künstler die Kirche
Helga Ebner (Aquarell)