St. Martin

Geschrieben von SIEGFRIED SCHARBERT am .

 

 

 St. Martin Eierst St Martin Nierst Foto Mair Grüneklee 

Geschrieben von Siegfried Scharbert 2013

Die aktuellsten Informationen zur Pfarrei "Hildegundis von Meer", zu der die Kirchen und Gemeinden St. Stephanus  in Lank, St. Nikolaus in Osterath, St. Franziskus in Strümp, St. Pankratius in Ossum-Bösinghoven, St. Martin in Langst-Kierst und St. Cyriakus in Nierst gehören, finden Sie hier. 

St. Martin in Kierst kann mit Recht als die erste Kirchengründung im heutigen Meerbusch gelten. Kierst wird erstmals als Kirihsexta in einer spätkarolingischen Urkunde von 904 erwähnt. Demnach besaß das um das Jahr 700 in Kaiserswerth vom hl. Suitbertus gegründete Benediktinerkloster auch linksrheinisch drei sogen. cellulae und zwar nach der erstgenannten in Kierst zwei weitere in Ilverich (Elfriche) und Gellep (Geldapa). Ihre Bedeutung geht über den wörtlichen Begriff von (kleinen) „Klosterzellen" hinaus; sie werden als Außenstationen, Niederlassungen, Unterkirchen und Wirtschaftshöfe der Abtei interpretiert, die von einem oder mehreren Mönchen geleitet und zu deren eigenem Unterhalt bewirtschaftet wurden. Gemäß der benediktinischen Ordensregel ora et labora gehörte dazu – in welcher Gestalt auch immer – mit Sicherheit eine Kapelle.

Während die Siedlungen Elfriche und Geldapa (jedoch nicht die Standorte der dortigen cellulae) eindeutig zu lokalisieren sind, ist das für Kirihsexta nur über eine spätere Schreibweise bzw. Übersetzung möglich: als Kirchen-Seist, woraus schließlich Kierst wurde. Als „Seist" wurden größere Flussinseln bezeichnet, die der ungezähmte Rheinstrom gebildet hat. Nach Georg Buscher bedeutet Seist oder Seest Sitz, Besitz, Eigentum, Ansiedlung. Jedenfalls wird Langst sprachlich auf Langen-Seist und Nierst auf Nieder-Seist zurückgeführt. Dass die höchstgelegene Insel oder Siedlung früh eine Kirche hatte, geht also hier aus ihrem Namen hervor. Nach Christoph Reichmann kann der Ursprung der Kierster Kirche sogar bis in das 6. Jahrhundert zurückreichen. Das hieße, dass die Kaiserswerther Benediktiner ihre Klosterhöfe an schon vorhandene Kapellen ansiedelten, die die bereits christianisierten fränkischen Grundherrschaften als (private) Eigenkirchen auf ihrem Areal er- oder eingerichtet hatten. Für Kierst kommt hier wohl nur das Haus Kierst in Frage, das das älteste Gut und der Haupthof von Kierst war und auch mit der heutigen Kirche benachbart ist.

Für einen sehr frühen Ursprung der Kierster Kirche spricht auch ihr Martin-Patrozinium. Als fränkischer Nationalheiliger ist der heilige Bischof und Bekenner (+397) vielfach bei merowingerzeitlichen Kirchengründungen belegt, zum Teil anstelle römisch-heidnischer Heiligtümer.


Die erste Steinkirche, im 12. Jahrhundert im romanischen Stil gebaut, befand sich am Standort des jetzigen Gotteshauses, zunächst als einschiffiger Saalbau aus – später verputzten – großen Tuffsteinen, mit Satteldach und Dachreiter (Glockentürmchen). Im 15. Jahrhundert wurde dem Langhaus nach Osten ein gotisches, ebenfalls innen flachgedecktes Chor angefügt und im 19. Jahrhundert am Eingang eine unbedeutende Vorhalle. (Nur von ihr ist ein Foto erhalten. Neben Beschreibungen von Paul Clemen und Gisbert Erkens liegen von letzterem auch Bauaufnahmezeichnungen vor.) Eine Zeitlang fanden um die Kirche – wie auch in Nierst – Bestattungen statt. Ansonsten lagen die Pfarrrechte seit Jahrhunderten bei der Hauptkirche St. Stephanus in Lank. Seit 1. Januar 2010 ist die Vikarie eine der sechs Gemeinden in der neuen Großpfarre Hildegundis von Meer.

Um 1900 war die Kapelle für die 340 Einwohner von Langst und Kierst nicht nur zu klein, sondern auch baufällig geworden, so dass ein vollständiger Ersatzbau unausweichlich wurde. Den Auftrag erhielt 1909 der renommierte Düsseldorfer Kirchenbaumeister Prof. Josef Kleesattel, der mindestens jährlich eine größere, meist wehrhafte neuromanische Kirche entwarf, so z.B. im selben Jahr St. Antonius in Oberkassel. Am 5. Februar 1911 wurde die neue Kirche vom Krefelder Dechanten Flecken geweiht, aber erst am 26. Mai 1924 vom Kölner Weihbischof Joseph Hammels kanonisch konsekriert. Die Langst-Kierster feiern aber im Jahre 2011 das 100. Kirchweihfest, nachdem ihre Kirche 2008 für 170.000 € gründlichst saniert und der ocker-gelbe Anstrich erneuert wurde, so dass sie wieder über das Dorf hinaus nach allen Seiten in die niederrheinische Landschaft strahlt. Als Hochzeits- und Taufkapelle ist sie weiterhin auch bei Ortsfremden beliebt. Beim Festgottesdienst am 21. März 2009 anlässlich der abgeschlossenen Renovierung sang die Gemeinde stolz als Schlusslied "op Keeschter Platt" (nach der Melodie "Ein Haus voll Glorie schauet..."): E präschtsch Huus deet kieke / wiit överm Dörp eruut ,/ möt nix kannste't verjliike / et es os Herrjotts Huus...

Im Juni 2011 feierte die Kirche St. Martin das 100-jährige Bestehen des Kirchneubaus mit einer Messe und dem Umzug der Schützenbruderschaft durch den Ort.

Link: zur Pfarrei "Hildegundis von Meer" und ihren Kirchen und Gemeinden

Link: Fenster der kath. Kirche St. Martin in Kierst

Link:  zur Homepage der  Ev. Kirchengemeinde Lank

Link: zur betreffenden Seite in der Denkmalgalerie.

Literatur:

Regenbrecht, Michael (hrsg. im Auftrag des Heimatkreises Lank e.V.), 1100 Jahre Langst-Kierst und Ilverich, 904 - 2004, Meerbusch 2004